Die Gersweiler
Meierei
I. Mittelalter bis Ende 16. Jahrhundert
7. Der herrschaftliche Meier im Mittelalter
In Gersweiler war wohl
ein herrschaftlicher Meier ab 1413 eingesetzt. Das Lehen St. Arnual mit den
Orten Gersweiler und Ottenhausen war dem Grafen Philipp von Saarbrücken ganz
zugefallen, nachdem er es vorher als Untervogtei beliehen hatte. Er setzte hier
seinen Verwalter ein, der zum ersten Mal 1426 bezeugt wird ("da hat er
nach dem Meier von Gerswiller geschickt").31
Nach Christian Kneip war
1459 ein Burgmann zu Saarbrücken namens Philipp von Sirck mit einigen Gütern zu
Aschbach beliehen worden. Er suchte nach und nach die Rechte des Stiftes zu
schmälern, was ihm durch die Einsetzung eines Herrschaftsmeiers mit dem Sitz in
Gersweiler an Stelle eines Stiftsmeiers in Aschbach erleichtert worden war.32
Der Meier bekam seine Anordnungen, Anweisungen und Befehle vom Amt oder der
Kanzlei, denen er unbedingt Folge leisten mußte.33 Nötigenfalls
wurde er nach Saarbrücken zitiert.
Wie die Einsetzung des
Meiers (einen Meier machen) geschah, ist für Gersweiler nicht belegt. Es dürfte
aber nicht anders gewesen sein, als es im Jahrgeding für Eschringen 1498
angegeben ist. Danach geschah die Wahl dadurch, daß man festlegte: "Die
Herren haben zu greifen in den Haufen, welche ihnne gefügig sind." Wenn
nun einer der so Auserkorenen diese nicht gerade beneidenswerte, vielfach
angefeindete Stellung ausschlug, einer die Ehre nicht achten und nicht gehorsam
sein wollte, den durften die Herren strafen nach ihrem Gefallen.34
Zum Meier sollten allerdings nur biedere Männer gemacht werden, auf die sich
die Herren absolut verlassen konnten.35
Die Ortseinwohner waren
leibeigen und hatten deshalb kein Recht zur Wahl eines Vertreters ihrer
Angelegenheiten. Nur in freien, keiner Grundherrschaft unterworfenen Gemeinden,
wurden die Vorsteher gewählt. Der Meier wurde auf Lebenszeit eingesetzt, es sei
denn, daß die Herrschaft aus irgendwelchen Gründen eine Ablösung für nötig fand
und einen neuen Meier machte (Neumeier im Gegensatz zum Altmeier). War der
abgelöste Meier dem Grafen noch etwas schuldig, dann mußte er das Betreffende
noch ersetzen.
Der Meier hatte die
Abgaben der Bewohner an die Herrschaft zu erheben (Gefälle, Zinsen, Schaft
usw.) und mußte sie an die Saarbrücker Rentei liefern. 1417 heißt es im
Jahrgeding über die Vogteiabgaben, daß der Vogt alle Jahr auf St. Martins Tag
von jedem Haus ein Huhn, einen Pfennig und ein Viertel Hafer einnehmen sollte.36
Wer die Abgaben an den Vogt nicht zahlte, sollte bei der ersten Mahnung die
"Hofbuss" (2 Schilling), bei der zweiten Mahnung die
"Frevelbuss" (7 Schilling) und beim dritten Mal die "Hohe
Buss" (60 Schilling) zur Strafe geben (St. Arnual 1453).
Der Meier hatte die
Gemeindeverwaltung inne und war verantwortlich für den damals ziemlich geringen
Gemeindehaushalt. Der Dorfmeier hatte das Recht, in Dorfangelegenheiten zu
gebieten, z.B. daß die Wege und Stege gemacht, die Bäche und der Wasserlauf in
Ordnung gehalten wurden. Bei Zuwiderhandlung konnte er auch Strafen
aussprechen. Alle Bußen und Besserungen mußte er dem Grafen überantworten und
hatte darüber Rechnung zu legen. Hatte ein Einwohner ein Begehren, so mußte er
sich an seinen Meier wenden, der sich um seine Belange kümmern mußte.
An der Tagesordnung war
damals der Grenzstreit unter den Bauern. Egal ob beim zufälligen oder dem
böswilligen vorsätzlichen Überpflügen eines Ackers rannten die Streitenden mit
Aufgeschrei zum Meier. Wollte ein Untertan aus dem Dorf ausziehen, dann mußte
er zum Meier gehen wegen der Herrenschuld und mit ihm abrechnen und bezahlen.37
Auch wenn die Gemeinde als Gesamtheit aufzutreten hatte, stand der Meier an
ihrer Spitze. Bei allen herrschaftlichen Anordnungen mußten die Meier zugegen
sein und für die Befolgung und Durchführung Sorge tragen.
Der Meier hatte die
Polizeigewalt. Er war Dorf- und Feldpolizei, Feuerpolizei, sowie Bau- und
Forstpolizei. Er war der Verantwortliche in den Weideangelegenheiten des Dorfes
und als solcher für die Hirten und Schäfer zuständig. Dem Meier oblag die
Dorfgerichtsbarkeit. Er verurteilte zusammen mit den Schöffen, die ebenfalls
von der Herrschaft eingesetzt wurden, die kleinen Vergehen der Dorfbewohner und
sprach die Strafen aus. Er war auch als Schiedsmann bemüht, Streitigkeiten
gütlich zu vergleichen. Er mußte Verbrecher verhaften, bewahren und an das
Hochgericht nach Saarbrücken ausliefern.
Der Meier berief die
Gemeindeversammlungen, zu denen nur vollberechtigte Dorfgenossen Zutritt
hatten, also Gemeindsleute, Bauern, keine Häusler oder Hintersassen. Auch waren
die Frauen, Kinder und Dienstboten ausgeschlossen. Der Versammlungsort der
Dorfversammlungen, die Dingstätte oder Malstatt, war unter freiem Himmel. Oft
wurden Gericht und Beratungen vor der Kirche bei der Linde abgehalten. Die
Kirche stand im Mittelpunkt des gesamten dörflichen Lebens.
Die Gemeindeversammlung,
das Ding, war ein Gericht und ein Beschlußorgan der Gemeindeverwaltung. Das
Dorfrecht hatte demokratische Züge, wie der Sachsenspiegel, das älteste und
einflußreichste Rechtsbuch des Mittelalters, erhellt: "Was der
Bauernmeister (der Meier) um des Dorfes frommen Willen mit Verwilligung der
Menge setzt, das mag der mindere Teil nicht widersprechen."38
Als Beamter des Grafen regelte der Meier die Fronden der Hörigen. Diese mußten
Spann- und Handdienste tun.
Die Fuhrfronen, oft sehr
weit, bestanden in der Lieferung der Abgaben und in Transporten von Wein, Salz,
Fischen u.a. Zu den Burgwerkfronen zählten Schanzarbeiten, Lieferung von
Material zum Bau, Bauarbeiten; von jedem Haus war ein Bewohner eine Woche im
Jahr auf eigene Kosten dazu verpflichtet.39
Eine besondere Fron war
die Reisfolge. Die Bewohner waren dem Grafen verpflichtet, Hilfe im Krieg (des
Grafen Geschrei) und bei Feuer auf der Burg (Horne) zu leisten. Vom zweiten Tag
an stellte die Herrschaft die Kost, und dieser bezahlte Dienst war zeitlich
nicht mehr beschränkt.40 Auch mußten die Leibeigenen bei der Jagd
und Fischerei den Herren zu Diensten sein.
Die Dorfbewohner mußten
bei verschiedenen Gelegenheiten an den Meier Geld und Naturalien geben. So
wurde 1422 in Völklingen gesprochen, daß jemand, der im Wald Bienen fände, zum
Meier gehen soll, der ihm eine Erlaubnis erteilen mußte, damit er den
Bienenstock abhauen konnte. Die Bienen gehörten zur Hälfte dem Meier und
Förster, die andere Hälfte dem, der sie abgehauen hatte.41
Meier und Gericht
erhielten bei Beurkundungen in Gersweiler als Gerichtsrecht vier Maß Wein. Seine
Sonderstellung kam auch dadurch zum Ausdruck, daß er entweder keine Abgaben (er
war seiner geborenen Schaft ledig)42 oder spezielle Meierabgaben
entrichten mußte: Ein Meierschwein (von seinem Amt aus alle Jahr ein gutes
Schwein)43 war im Saarbrücker Raum üblich, das später durch ein festgelegtes
Meierschweingeld ersetzt werden konnte. Andere Meiereiabgaben waren Ostereier,
Öl und Fische in der Fastenzeit, Wein oder Geld.
In Güdingen gab es ein
Meierfeld, in Klarenthal, Eiweiler und anderen Orten eine Meierwies, die der
jeweilige Meier nur nutzen durfte und nicht als Eigentum bekam. Er mußte sie
seinem Nachfolger überlassen als einem zeitigen Meier zukommende
Besoldungs-Wies, auch Meierbesoldungswies genannt. In Gersweiler gab es keine
Meierwies, zumindest ist keine bei den Renovaturen 1683 und 1762 erwähnt und
auch Flurkarte und Bannbuch weisen keine Meierwies aus.
Die Einnahmen und
Privilegien des Gersweiler Meiers (außer den vier Maß Wein) sind nicht
überliefert. Die Abgaben hatte er dem Grafen zu geben. Sie waren Teil des
Schirmgeldes, das normalerweise dem Grundherrn zukam, aber das der Vogt
erhielt, weil er die Schutzfunktion über das Stift St. Arnual ausübte. Nach
Irmtraut Eder zahlten dagegen die geistlichen Institutionen als Nutznießer die
Entlohnungen für die Dienste der Meier. Demnach wäre der Gersweiler Meier vom
Stift St. Arnual entlohnt worden.
Ein weiteres Amt des
Meiers war die Mithilfe bei der Grenzfestlegung. Die Grenzziehung nach außen
mit Setzen der Marksteine war sowohl im herrschaftlichen als auch im dörflichen
Interesse. Im bäuerlichen Leben spielte das Grenzrecht auch innerhalb des
Dorfes eine bedeutende Rolle. Bei der Grenzsetzung mußten immer beide
betroffene Parteien zugegen sein.
Der Meier hatte das
Recht zur gerichtlichen Pfändung. Wer seine Abgaben nicht bezahlt hatte, konnte
für diese Herrenzinsen vom Meier gepfändet werden. Er hatte das Pfand
abzuholen, wofür er Gebühren erhielt. Falls der Schuldner nach einer bestimmten
Zeit nicht zahlte, wurde das Pfand verkauft. Für Herrenzinsen galt ein
besonderes Pfandrecht, die Pfändung konnte ohne Beachtung der sonst üblichen
Vorschriften vom Meier vorgenommen werden. Der Meier hatte ein schweres, nicht
beneidenswertes Amt. Als gezwungener Beamter der Herrschaft mußte er sich oft
gegen seine eigenen Dorfgenossen wenden. Als Vertreter der Gemeinde hatte er
einen schweren Stand gegenüber der Allmacht des Vogtes.
Für die Zeit des 15. Jahrhunderts
und zu Beginn des 16. Jahrhunderts sind nur einige Einwohner namentlich
bekannt:
- Ryhe Metze son wonet
zu gerßwilre (1447)
- Hans von Ottenhausen
(1448)
- Ziegler, Aschbach
(ohne Namen, 1485)
- Bintz, Maurer zu
Gersweiler (1499)