Die Gersweiler Meierei

 

 

 

I. Mittelalter bis Ende 16. Jahrhundert

 

12. Die Verwaltung der Grafschaft Saarbrücken im 16. Jahrhundert

 

Die Verwaltung der deutschen Territorien wurde allgemein ab dem 16. Jahrhundert in zentralen Behörden organisiert, indem die Fürsten ergebene Berufsbeamten verpflichteten, auf allen Lebensgebieten für Ordnung und guten Zustand zu sorgen. Neben den zwei Städten Saarbrücken und St. Johann bildeten etwa 65 Ortschaften das Territorium der Grafschaft Saarbrücken. Die Person des Grafen stellte die obrigkeitliche Gewalt über das Herrschaftsgebiet und seine Bewohner dar. Die Verwaltung der Grafschaft war zentral organisiert auf dem Saarbrücker Schloß und wurde durch vier gräfliche Kanzleiordnungen (1554-1556, 1570, 1576, 1597) geregelt. Danach war die zentrale Landesverwaltungsbehörde die landesherrliche Kanzlei (Schreibstube), in der Oberamtmann und Rat tätig waren.

 

Der Oberamtmann oder Hofmeister war Angehöriger des Adelsstandes, eine geschickte, qualifizierte und ansehnliche Adelsperson. Er war der höchste Beamte der Hof- und Landesverwaltung, als Stellvertreter des Landesherrn oberster Richter und Vorsitzender des Rates. Der Rat bestand aus gelehrten bürgerlichen Männern, die alle Angelegenheiten des Landes zu beraten und beschließen hatten, "alles das bedenken, was und wes jederzeit der Grafschaft Nutz und Wohlfahrt ist". Im einzelnen waren das: Der politische Bereich, Finanz-, Militär-, Polizeiwesen, Rechtssprechung, Gerichtsbarkeit. Der Rat arbeitete die landesherrlichen Verordnungen und auch die Verwaltungsanweisungen für die Amtleute der Grafschaft aus. Diese mußten sich bei Schwierigkeiten oder offenen Fragen an den Rat wenden.

 

Der gräfliche Rentmeister war für die Finanzen und Domänen zuständig. Seine Rechenkammer war neben der Kanzleistube im Schloß. Er hatte für die fristgerechte Eintreibung aller Renten und Gefälle (Abgaben) in Geld und Naturalien zu sorgen und mußte alle Einnahmen und Ausgaben in einer Rechnung belegen, die der Rat kontrollierte. Er hatte auch auf die Bestellung der Felder, das Einbringen der Ernte und das Ausdreschen des Getreides zu achten, damit die Einkünfte des Landesherrn nicht gemindert würden. Der Vorsteher der Schreibstube war der Sekretanus, der Registrator hatte die Registrierung aller Akten, Urkunden und Briefkorrespondenzen zu erledigen. Außerdem gab es noch die Schreiber und die Kanzleiboten.

 

Wie die Verwaltung wurde auch die Rechtsprechung im Saarbrücker Schloß zentral organisiert. Das oberste Gericht war das Hofgericht, das aus dem Ratskollegium und dem vorsitzenden Hofmeister bestand. Es stand über den Niedergerichten und war für den Adel die erste Instanz. Bei den Auseinandersetzungen in den Jahren 1426-1428 zwischen Stift St. Arnual und Gemeindsleuten aus Gersweiler, wurde zuerst der Meier gefragt, dieser beriet sich mit dem Schöffen und als beide keine Lösung fanden, wandten sie sich an das Hofgericht. Danach traten Meier, Schöffe und Hof in eine gemeinsame Beratung ein, und das Ergebnis wurde als Weistum aufgeschrieben.55

 

Als 1539 im Streit um den Stiftswald zwischen den Gersweiler Gemeinden und dem Stift Gericht gehalten wurde, mußten die Parteien versprechen, den Schiedsspruch nicht dem Grafen, sondern dem Hofmeister einzuhalten. Auch die Kanzlei konnte als Gericht tätig werden. Daneben gab es das Amt als zentrale Rechtssprechungsinstanz. 1680 heißt es in der Beschreibung der Meyerey Gerschweiler, daß die Grafen zu Saarbrücken Mayer und Gericht setzen, die Appelation (zweite Instanz) aber nach Saarbrücken ans Amt oder die Kanzlei gehen.56

 

Das Amt war ein spezielles Kollegium der Kanzlei, das unter der Leitung des Oberamtmannes in einer Amtsstube tagte und als herrschaftliche zentrale Gerichsstelle den Schöffengerichten Konkurrenz machte. Die Untertanen der Dörfer und die Bürger der Städte brachten oft unter Umgehung ihrer Gemeindegerichte Rechtsstreitigkeiten vor das herrschaftliche Amt, was Meier und Schöffen nicht gerne sahen. Vertragsabschlüsse mußten auf dem Siegel oder Probsteiamt getätigt werden.

 

Als in besonderen Diensten stehende herrschaftliche Bedienstete waren die Meier in den Außenbezirken Hilfsorgane der Kanzlei. Ihre Aufgabe bestand darin, die Interessen der Landesherrschaft nach Weisung der Zentralbehörde in den Meiereien zur Geltung zu bringen. Der Meier durfte niemals vergessen, daß er eingesetzt wurde, alles zu tun, was die Beamten tun würden, wenn sie sofort zugegen sein konnten, damit die herrschaftlichen Befehle und Verordnungen befolgt wurden.57

 

Einen besonderen Status erlangten die beiden Städte Saarbrücken und St. Johann, die 1321 durch den Freiheitsbrief zu einer Gerichts- und Verwaltungseinheit zusammengefaßt wurden. Die Gerichtsbarkeit war in einem gemeinsamen Stadtgericht vereinigt, das aber unter dem gräflichen Landgericht stand. Am Sonntag vor Pfingsten wählten die Stadtbürger ihre acht Gerichtsleute, die sich an Pfingsten dem Grafen vorstellen mußten. Dieser ernannte einen von ihnen zum Meier und einen zum Heimburgen (= Heimmeier). Die sechs Schöffen übten ihr Amt gewöhnlich ihr Leben lang aus. Der Meier schied jährlich aus, hatte aber ein Vorschlagsrecht für seinen Nachfolger (er zog vier Mitbürger und die Herrschaft bestimmte daraus einen zum neuen Meier). Der Stadtmeier war der Vorsitzende des Stadtgerichtes. Er diente als Finanzbeamter der Herrschaft (Bußen und Steuern).

 

Die Handhabung der militärischen und polizeilichen Gewalt lag in seinen Händen. Es war dem Meier bei Strafe verboten, vor die Tore der Stadt zu gehen, ohne einen Notmeier (einen Stellvertreter) gemacht zu haben. Nach Ausscheiden aus dem Amt mußte er einen Meierimbs (Meierimbiß) für die Schöffen geben, nachdem er in der Meierrechnung vorher Rechenschaft abgelegt hatte.

 

Im 15. Jahrhundert bekam St. Johann als Stadtvorsteher den Bürgermeister, so daß das Meieramt sich auf Saarbrücken beschränkte. Die Verleihung des Stadtrechtes bedeutete, mit Einschränkungen, die kommunale Selbstverwaltung. Gemeinschaftliche Verwaltungsangelegenheiten der beiden Städte wurden im gemeinschaftlichen Stadtgericht beraten: Meier, Heimmeier, Schöffen und Zugeber von Saarbrücken und Bürgermeister, Schöffen und Zugeber von St. Johann. Da beide Städte, jede für sich, auch als Gemeinde ein Eigenleben führten, hatte jede auch ihren eigenen Stadtrat.

 

Der Meier war in Saarbrücken Stadtvorsteher, Sprecher des Gerichtes, oberster Finanzbeamter der Stadt und Inhaber der militärischen und polizeilichen Gewalt. Ihm unterstand der Heimmeier (Heimburge), der Vorsitzender des Heimgedings, der Bürgerversammlung, war. An ihm wandten sich die Bürger bei Mißständen in der Gemeinde. Er verwaltete Straßen, Wege, Stege, Brunnen und dingte die Hirten und Schützen. Mehlwieger, Glöckner und Uhrenrichter waren des Heimmeiers Diener.

 

Erhob der Meier vor allem herrschaftliche Gefälle, so zog der Heimmeier solche Gelder ein, die der Stadt zustanden. Er mußte auch Ortsbesichtigungen und Bannbegehungen in Wald und Flur machen und die Frondienste regeln. Der Heimmeier war nur ein Jahr im Amt und mußte spätestens vier Wochen nach Amtsniederlegung die Heimmeierrechnung vorlegen. Die Nähe der Stadt übte für die Bewohner der umliegenden Dörfer eine große Anziehungskraft aus, denn ein Merkmal der Stadt war die persönliche Freiheit ihrer Bürger, nach der die Landbewohner sich oft sehnten ("Stadtluft macht frei").