Die Gersweiler Meierei

 

 

 

I. Mittelalter bis Ende 16. Jahrhundert

 

11. Das Ende des Stiftes St. Arnual 1567/68

 

Die Grafen von Saarbrücken hatten dem Stift im 15. und 16. Jahrhundert schon einige Güter entzogen. Sie griffen das Stift auch immer wieder zur Zeit der Reformation an. Das Stift suchte Hilfe beim Kaiser, indem es den Anspruch erhob, ein reichsunmittelbares Stift zu sein (es sei ein freies, kaiserliches und weltliches Stift, etwa seit 1510) und klagte 1549 beim Reichskammergericht. Eine Kommission schlichtete, und ein für das Stift ungünstiger Vertrag wurde geschlossen.

 

1567 klagte das Stift gegen diesen Vertrag und auch gegen die Rechte des Grafen in Gersweiler und Ottenhausen. In Gersweiler hatte es einen eigenen Meier eingesetzt. Nach A. Rixecker waren Thummel Hansen (Thinnel Hansen) und Schilißen vom Nassauischen Schultheiß zu Gerichtsschöffen berufen worden, was vom Dechant des Stiftes widerrufen wurde. Der Stiftsherr erwählte zu Schöffen Anthoni Matthisen und Adam.52

 

Auf Betreiben des Stifts weigerten sich nun die Gersweiler, für den Grafen Fronarbeit zu verrichten, vor allem die weiten Fronfuhren zu machen. In den Unterlagen heißt es, der Graf habe schon eine Zeitlang zu Homburg und Ottweiler sehr aufwendig gebaut und die Bewohner der beiden Dörfer gezwungen, dort übermäßige Fron zu leisten, überdies zu den ungelegensten Zeiten. Viele hätten schon Roß, Wagen und Geschirr verloren, als diesen im vorigen November wieder unbefugte Fron zugemutet worden sei.

 

Graf Johann IV. bürdete seinen Untertanen durch seine rege Bautätigkeit schwere Lasten auf. Er ließ u.a. das Schloß Homburg neu befestigen, den Tiergarten erweitern und die Stadt mit Mauern umgeben. Die Burg in Saarbrücken wurde durch mehrere Bauten vergrößert und für Kriegszwecke neue Befestigungswerke angelegt. Er begann mit dem Bau des Neunkircher Schlosses. Auch die Bewohner von Völklingen, Wehrden, Fürstenhausen, Geislautern und Knausholtz verweigerten die Fuhrfronen zum Bau des Homburger Schlosses, mußten aber Abbitte tun.53

 

Am 1.12.1567 setzte der Graf seine obrigkeitliche Gewalt brutal ein. Er ließ die Gersweiler Kachler Hans, Kaspers Wendel, Mohr Nickel, Salmeiers Kunz, Hannemann Stubenrauch, Wagners Nickel, Thummel Hansen, Josten Andresen, Welsch Hansen und Christian Schiller und den vom Stift eingesetzten Meier von Gersweiler in den Turm in Saarbrücken werfen. Ihnen wurden durch die Röcke und Ärmel Löcher gestochen, sie wurden wie Jagdhunde zusammengekoppelt und nach Saarbrücken geschleift.

 

Die Einwohner von Gersweiler und Ottenhausen waren so ausgemergelt durch nach Frankreich ziehendes Kriegsvolk, daß die Frauen kaum etwas fanden, was sie ihren Männern in den Saarbrücker Turm zum Essen bringen konnten. Sie mußten zuweilen 2 Tage ohne Nahrung bei kalter Winterszeit in dem bösen unchristlichen Turm ausharren. Auch der Dechant Matthias Zimmer und der Bursner Andreas Beck kamen später in ein Gefängnis, wo ihnen weder Sonne noch Mond schienen.54

 

Nach 2 Monaten befahl der Kaiser dem Grafen Johann IV., die Gefangenen freizulassen. Der Bursner widerrief seine Aussagen und auch der Dechant verzichtete etwas später darauf, seine Klage weiterzuführen. Er versprach, das Land zu verlassen und keinen Anspruch mehr auf sein Amt zu erheben. Man zog die Klage zurück, und bezeichnete den Grafen demütig als Land-, Schutz- und Schirmherren und als den angeborenen gnädigen Leibherrn.

 

Ein neuer Dechant wurde nicht mehr erwählt. Die Stiftsherren setzte der Graf als Seelsorger an der Stiftskirche und den Filialkirchen ein. An die Stelle der Kapitelverwaltung traten landesherrliche Räte. So zog der Graf alle weltlichen Rechte und obrigkeitlichen Gefälle des Stiftes an sich. Damit fiel die ganze Gersweiler Gemarkung unter die Nassau-Saarbrückische Herrschaft.

 

Als am 1.1.1575 der lutherische Graf Philipp III. die Reformation einführte, wurde die nun evangelische Pfarrei Gersweiler mit Malstatt vereint und von dort aus mit einem Pfarrer (Johann Moller) bedient, der deswegen vom Stift mit 25 Gulden besoldet wurde. Von 1600 an hatte die Pfarrei einen eigenen Pfarrer (Arnold Wirth), der in Aschbach bei der Kirche wohnte und schon 1612 nach Ormesheim versetzt wurde. Ab diesem Zeitpunkt wurde Gersweiler wieder von Malstatt aus betreut.