DAS
18. JAHRHUNDERT
9. Der Meier
"Meyer und
Gerichte werden nahmens hoher Landesherrschaft von fürstlicher Regierung
bestellt."122
Der Meier war
ein Organ der Landesverwaltung und kein Amtsträger der Gemeinde. Er wurde in
der Regel auf Lebenszeit eingesetzt und konnte nicht ohne weiteres sein Amt
niederlegen, wie eine Bittschrift des herrschaftlichen Meiers von Lauterbach
(1784) um gnädigste Entlassung vom Meyer-Dienst bezeugt. Das Oberamt verlangte
eine Stellungnahme des Forstmeisters, der kein tüchtigeres Subject für diesen
Dienst fand. Folglich mußte der Meier im Amt bleiben. Die Meier hatten
Einkünfte bei den verschiedensten Gemeindeangelegenheiten und persönlichen
Angelegenheiten der Meiereiangehörigen, auch bei Strafen.
Ab 1769 wurden
die Meier jährlich fest besoldet. Nach dem Verzeichnis der Besoldung der
fürstlich Nassau-Saarbrückischen Civil-Bedienten von 1771 verdiente der Meyer
zu Gersweiler allerdings nur 40 Gulden. Seine Unkosten erstattete ihm die
Gemeinde aus der Gemeindekasse. Für die jährliche Dorfrechnung fertigte der
Meier eine Specification an, in der er alle Gänge, die er für die Gemeinde
gemacht hatte, genau belegte. Für diese Dienste machte er 1768 beispielsweise
6 Gulden geltend, die ihm auch als des Meiers Diäten erstattet wurden.
Der Meier hatte
gegenüber dem Fürsten eine Vertrauensstellung. Er war ihm zu absolutem Gehorsam
verpflichtet. Daneben war es notwendig, daß er gegenüber den Meiereiangehörigen
eine gewisse Autorität besaß. Zu den weiteren Eigenschaften eines Meiers
gehörten Redlichkeit, Ehrbarkeit, Neutralität, Rechtschaffenheit,
Durchsetzungsvermögen, Tüchtigkeit, Gerechtigkeitssinn. Außerdem war es von
Vorteil, wenn der Meier lesen und schreiben konnte. Auch mußte er ein
rechtskundiger Mann sein, der möglichst unaufhörliche Wachsamkeit für das Wohl
der Gemeinsache an den Tag zu legen hatte.123 Ein einwandfreier
Leumund sowie ein vorbildlicher, untadeliger Lebenswandel wurden ebenfalls von
einem Meier erwartet.
Zu den Aufgaben
des Meiers zählte es, die landesherrlichen Einkünfte einzunehmen, die
Landgelder, Zehnten und Abgaben. Damit war auch verbunden, für diejenigen
herrschaftlichen Gelder, welche bei den armen Leuten verloren gingen, aus
eigenen Mitteln zu haften. Außerdem war er zuständig für die Ausführung der
Frondienste. Als diese durch Frongeld abgelöst wurden, mußte der Meier dieses
eintreiben. Er war vom Frondienst befreit, mußte aber dafür jährlich einen Ausgleich
zahlen. Der Meier stand unter der Dienstaufsicht des Oberamtes. Er vollstreckte
die Urteile, verhängte Arreste bis 24 Stunden, nahm Versiegelungen vor,
bewirkte Ladungen und Zustellungen. Er mußte dem Oberamt (Waisenschreiberei)
die Todesfälle anzeigen, wenn unmündige Erben da waren, hatte dann die
Inventaraufnahme zu leiten und unterschrieb die Vermögensverzeichnisse. Für
Verträge über Liegenschaften waren Meier und Probsteiprotokoll zuständig. Alle
Käufe sollten, sobald der Vertrag geschlossen war, am gleichen Tag oder
spätestens am nächsten Tag dem Meier angezeigt werden. Der Vertrag war im
Beisein des Meiers aufzusetzen, damit unter dem Aspekt der Lage des Gutes,
seiner Herkunft oder sonstiger Punkte kein Fehler unterlaufen konnte. Die
Aufträge waren dann mittwochs in Saarbrücken beim Probsteiprotokoll zu machen.124
Meier und
Dorfgericht hatten auch standesamtliche Aufgaben zu erfüllen. So mußten bei
Eheverschreibungen und testamentlichen Dispositionen, die bei Geistlichen
getätigt wurden, Meier und Gericht hinzugezogen werden, die auf die
vorgeschriebenen Formalitäten zu achten hatten.125
Der Meier
überwachte auch die Geschäfte der Juden. Am 23. Januar 1740 wurde von Usingen
aus verordnet, daß Schuldverschreibungen an die Juden, die 15 fl überschritten,
vor dem Beamten jeden Ortes, getätigt werden mußten.126 Die Juden mußten
die eingetragene Kreditsumme an Ort und Stelle in Gegenwart des Meiers
auszahlen. Von dieser Verordnung sollte jeder Meier ein Exemplar erhalten, um
sie alljährlich an einem gewissen Tag zu publicieren.
Der Meier mußte
die herrschaftlichen Befehle und Verordnungen bekanntmachen und in der
Gemeindekiste aufbewahren. 1768 wurde von der Gemeinde Gersweiler für eine
Tafel 15 Albus bezahlt, auf der die zu veröffentlichenden Befehle angeschlagen
wurden. Neben der Dorfordnung war jährlich im Januar die umfangreiche Forst-,
Jagd- und Waldordnung vor der ganzen Gemeinde zu verlesen. Auch mußten die
zahlreichen übrigen fürstlichen Dekrete den Untertanen zur Befolgung sowohl
durch öffentlichen Anschlag als auch durch Vorlesung bei der
Gemeindeversammlung bekannt gemacht werden. Als Polizeiorgan sorgte der Meier
für deren Befolgung. Er war verantwortlich für die öffentliche Sicherheit und
Ordnung. Er mußte die Verbrecher in Zusammenarbeit mit den Landgendarmen
verfolgen und beim Oberamt einliefern. Er mußte entsprechende Maßnahmen
ergreifen, wenn Brand- oder Wassergefahr herrschte. Die Meier oder Gerichtsleute
mußten jeden Brand beim Oberamt anzeigen bei 10 Reichsthalern Strafe.
Die Einwohner
hatten die Pflicht, die Meldung kleinerer Vergehen dem Heimmeier oder einem
Gerichtsmann anzuzeigen, der sie vor die ganze Gemeinde brachte. Ein solcher
Dorffrevel war z.B. der Diebstahl von Wildobst, das vom Meier oder Heimmeier
freigegeben werden mußte. Ging es um größere Vergehen oder Verbrechen, so mußte
jeder, der davon wußte, bei seinem Eid dem Meier oder Heimmeier Meldung machen.
Dieser hatte die Anzeige unverzüglich höheren Ortes weiterzuleiten. Von der
Strafe erhielt der Angeber einen halben Gulden. Wer dagegen Kenntnis eines
Verbrechens hatte und keine Anzeige machte, mußte mit der gleichen Strafe wie
der Täter rechnen.
Die Wirtshäuser
wurden vom Meier kontrolliert, der die Sonntagsruhe und die Sonntagsheiligung
gewährleisten mußte. Er verwies verdächtige Personen und Bettler aus dem Ort
und hatte zu entscheiden, ob fremdes Vieh ins Dorf gebracht werden durfte und
was mit krankem Vieh zu geschehen hatte. Der Heimmeier hatte bei Seuchengefahr
den Meier zu informieren, der dem Oberamt Meldung machen mußte. Die Verwertung
und Beiseiteschaffung von verendetem Vieh war Sache des St. Johanner
Wasenmeisters und Scharfrichters. Aus dem Jahre 1776 existiert eine Beschwerde
von diesem beim Oberamt, daß die Untertanen das gefallene kleine Vieh sowohl
auf dem Lande als auch in den beiden Saarstädten selbst wegschafften, wodurch
ihm großer Schaden entstehe. Das Oberamt wies daraufhin beide Stadtgerichte
sowie sämtliche Meier der Landgemeinden an, ihren Untertanen bekannt zu
machen, daß sich hinfort niemand bei Vermeidung willkürlicher Strafe
unterstehen solle, das gefallene kleine Vieh selbst wegzuschaffen, sondern
dies dem Wasenmeister zu überlassen.127
Der Meier hatte
die Aufsicht über die gemeindlichen Amtsträger. Er mußte sie, nachdem sie von
der Gemeindeversammlung bestellt worden waren, auf ihre Amtspflichten vereidigen
und während ihrer Amtszeit kontrollieren. Meier und Heimmeier konnten die
Gemeindeversammlung einberufen. Sie setzten den Schadenschätzer in Aktion und
waren verantwortlich für die Hirten, die sie einsetzten und überwachten.
Auch die Sorge
um die Haltung des Vaterviehes oblag Meier und Heimmeier. Sie setzten den
Termin für die Straßenfronen und der Bachsäuberung fest und hatten sich um die
Einzäunung der Felder entlang der Wege zu kümmern. Der Meier war, zusammen mit
Gericht und Heimmeier, verantwortlich für den Zustand der gemeindeeigenen
Bauten. Er entlohnte die Handwerker. Beispielsweise zahlte der Meier 1771 für
Glaserarbeiten am Hirtenhaus 15 Albus aus, die der Heimmeier in die
Dorfrechnung einbrachte. Die Meier hatten zur Aufgabe, die Bauernsöhne
auszuheben, damit sie ihrer Soldatenpflicht nachkommen sollten.
Auch die
Leibeigenen waren zum Militärdienst verpflichtet, der 1732 vier Jahre und
später 6 Jahre dauerte. Die Meier stießen dabei ständig auf Schwierigkeiten, da
sie des öfteren Opfer falscher Angaben wurden. Die Vertretung des Meiers
übernahm ein Gerichtsmann. Das Amt des Meiers war der Vorläufer des späteren
Amtsbürgermeisters. Der Meier führte seine Amtsgeschäfte in seinem Wohnhaus,
der Meierei, da es kein Rathaus oder eine andere Amtsstube gab.
Liste der
Gersweiler Meier (unvollständig):
- 1417: Capitel
St. Arnual hatte einen Meier und 2 Schöffen in Abesbach
- ein
herrschaftlicher Meier war seit 1413 eingesetzt
- um 1506: "vor 62 Jahren ein Meier
gewesen, Groß Hans genannt, nach demselbigen ist einer Meier worden mit Namen
Feltin, nach dem Feltin Klein Hans Meier worden"
- 1524 Der alte
Meiger
- 1542 Der
Meiger
- 1588
Schneider Heinrich
- 1601-23 Marx
Mohr
- 1628-29
Trentz Müller
- 1631-33 Hans
Mohr
- 1634 Hans Jacob
Wagner
- 1685-86 J.
Wilhelm Baur
- 1686-89
Nicolas Vaultier
- 1690-91
Charles Bonvys
- 1721-57 Hans
Henrich Meyer
- 1757-69
Heinrich Anthon Müller
- 1769-75
Philipp Siebenschuh
- 1775-82
Johannes Meyer
- 1782-97
Christian Herrmann