21. Die Verwaltung der Grafschaft Saarbrücken im
18. Jahrhundert
Das 18.
Jahrhundert war gekennzeichnet durch eine Verstärkung der Einflußnahme der
absolutistischen Landesherren in allen Lebensbereichen. Durch eine Flut von
Verordnungen wurde das Leben der einzelnen Untertanen reglementiert. Maßgebend
dabei war der Ausbau der Polizeiverwaltung sowie eine Ausweitung der
landesherrlichen Macht auf die Gerichte und die Verwaltungen.
Während der
ersten Jahrzehnte des 18. Jahrhunderts war es um die Verwaltung der Grafschaft
nicht zum Besten bestellt. Es war vordringliches landesherrliches Ziel, das
Land mit Menschen zu bevölkern und Industrien anzusiedeln. Die Kanzlei als oberste
zentrale Rechtsprechungs- und Verwaltungsinstanz war mit nur fünf Beamten
besetzt. Ein Hofgericht gab es nicht mehr. Ein Rat verwaltete das Amt mit, das
formell noch bestand. Auch die Finanzangelegenheiten wurden von der Kanzlei
verwaltet. Unter der vormundschaftlichen Regierung der Fürstin Charlotte Amalie
(1728-1741) wurde die fürstliche Regierung zu Saarbrücken der
vormundschaftlichen Regierung in Usingen untergeordnet. Die Saarbrücker Regierung
war untere zentrale Verwaltungsbehörde und erste Instanz in allen Rechtssachen.
Damit hatte sie auch das frühere Amt abgelöst. Sie bestand aus einem Kollegium
von drei Räten, der erste Regierungsrat hatte den Titel Oberamtmann.
1741 erließ
Fürst Wilhelm Heinrich (1741-1768) eine Kanzleiordnung, in der allerdings nur
die Oberkollegien geregelt wurden. Danach waren Oberkollegien die Geheime
Kanzlei, die Regierung und das Konsistorium. Justiz und Verwaltung wurden
getrennt. Oberste zentrale Verwaltungsbehörde war die Geheime Kanzlei. Ihren
Vorsitz führte ein Kanzleidirektor (Geheimer Rat). Er stand auch der Regierung
und dem Hofgericht vor. Die personelle Zusammensetzung der drei Kollegien war
gleich: dasselbe Gremium tagte abwechselnd als oberste Verwaltungsbehörde, als
Justizinstanz und als kirchliches Verwaltungsgremium. Es bestand aus
mindestens drei Räten. Auch die übrigen Beamten waren nicht nur für ein
einziges Kollegium zuständig. Nur die Rentkammer und das Oberforstamt hatten
ihre eigenen Beamten.
Die untere
landesherrschaftliche Verwaltungsinstanz war das 1741 neu gegründete Oberamt.
Es wurde 1764 geteilt in zwei Unterabteilungen (diesseits und jenseits der
Saar). 1778 wurden diese zunächst gleichrangigen Ämter wieder vereint, wobei
das Saarbrücker Amt durch den Oberamtmann die Aufsicht über das St. Johanner
Amt erhielt. Unter den Ämtern standen als kleinste Verwaltungseinheiten die
Meiereien bzw. Schultheißereien. Die Ämter übten gegenüber diesen die
Dienstaufsicht aus und besaßen Weisungsrecht gegenüber den Meiern und
Schultheißen, die als herrschaftliche Bediente Hilfsorgane der Ämter waren. Die
Meierei Gersweiler unterstand dem Saarbrücker Oberamt.
Fürst Ludwig
(1768-1793) erließ 1778 eine neue umfangreiche Kanzleiordnung. Die oberste
zentrale Verwaltungsinstanz war jetzt die Regierung, später wieder Consilium
genannt. Die Gleichrangigkeit der Oberkollegien wurde beseitigt. Hofgericht,
Konsistorium, Rentkammer und Oberforstamt waren ab jetzt der Regierung
untergeordnet und mußten deren im Namen des Fürsten ausgefertigten Entscheidungen
und Erlasse befolgen. Die Regierung hatte einen sehr großen Zuständigkeitsbereich
und tagte unter dem Vorsitz des Kanzleidirektors, der sich auch durch den Titel
Geheimer Rat von den übrigen Regierungsräten abhob. Jedes Kollegium erhielt
einen eigenen Direktor, so daß der Kanzleidirektor nur noch den Vorsitz der
Regierung und die Dienstaufsicht über die Kollegien hatte. Auch weiterhin war
die personelle Zusammensetzung der drei Kollegien Regierung, Hofgericht und
Konsistorium identisch. Nur die Regierung durfte Verordnungen vorbereiten, die
der Fürst unterzeichnete, der sich die Entscheidungsgewalt grundsätzlich
vorbehalten hatte.
Das Saarbrücker
Oberamt war, anders als im 17. Jahrhundert, nicht mehr nur eine
Gerichtsbehörde, sondern war auch Teil der Landesverwaltung. Durch die umfassende
Rechtsprechungskompetenz der Ämter kam den Dorfgerichten keine gerichtliche
Zuständigkeit mehr zu. Da der Fürst Wilhelm Heinrich eine sehr hohe
Schuldenlast hinterlassen hatte, wurden ab 1771 die Landeseinkünfte von einer
kaiserlichen Kommission verwaltet, bis 1782, nachdem durch rigorose Zwangsverwaltung
fast alle Schulden getilgt waren, der Fürst Ludwig die Finanzsouveranität
wieder zurückerhielt.
Am 31. Oktober
1792 wurde Saarbrücken von französischen Truppen besetzt, der Fürst floh 1793
außer Landes. Bis 1795 übten die französischen Volkskommissare in der
Grafschaft ein Schreckensregime aus. Die zentrale fürstlich-nassauische
Verwaltung war außer Kraft gesetzt. Ende 1794 wurden die alten Oberämter
Saarbrücken und St. Johann wieder instituiert, allerdings nur als untere
Gerichtsbehörden. 1795 konstituierte sich als einziges Oberkollegium wieder das
Konsistorium. Im April 1796 wurden alle alten Landesbehörden aufgelöst und die
besetzten Gebiete in Generaldirektorien eingeteilt. Es wurden Kantonsgerichte
eingesetzt, für Saarbrücken war das Gericht in Trier zuständig. Den Saarbrücker
Oberämtern verblieb nur noch die freiwillige Gerichtsbarkeit. Das war das Ende
für die zentrale landesherrliche Gerichts- und Verwaltungsorganisation.
Nach dem
Frieden von Campo Formio (17. Oktober 1797) baute Frankreich ein neues
Gerichts- und Verwaltungssystem auf. Die Grafschaft Saarbrücken wurde ein
Kanton des Saardepartements.